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s'Blättle Nr. 31 - Do, 5. August 2021

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Amts- und Anzeigenblatt der Stadt Hohenems und der Gemeinden Götzis, Altach, Koblach und Mäder. Erscheinungsort & Verlagspostamt: 6845 Hohenems

UMWELT FLEISCHFRESSENDE

UMWELT FLEISCHFRESSENDE PFLANZEN, HUNGERKÜNSTLER UND HELFER GEGEN DEN KLIMAWANDEL Die Artikelserie über schützenswerte Biotope in Götzis widmet sich in dieser Ausgabe dem Götzner Moor. Wussten Sie, dass es fleischfressende Pflanzen in Götzis gibt? Kennen Sie die unscheinbaren Baumeister der Moore? Wussten Sie, welche Rolle Moore in Zeiten des Klimawandels spielen? Neugierig geworden? Dann lesen Sie hier weiter! Denn die Götzner haben mit dem Götzner Moos ein Hochmoor vor der Haustüre, das lohnt, es näher kennen zu lernen. Das Götzner Moos, auch Orsanka Moos genannt, liegt auf einer Geländeterrasse in 1.100 Meter Höhe und umfasst rund 26 Hektar. Wie das Mösle gehört es zu den drei Kostbarkeiten im Biotopinventar der e5-Marktgemeinde Götzis. Nach dem Österreichischen Moorschutzkatalog kommt diesem Gebiet internationale Bedeutung zu. Herzstück dieses faszinierenden Moorkomplexes ist ein Spirkenhochmoor. Die Spirke, die diesem Lebensraumtyp den Namen gibt, ist die aufrechte Verwandte der Latsche. Weil sie gegenüber anderen Baumarten konkurrenzschwach ist, weicht sie auf extreme Standorte – Hochmoore und karge Berghänge auf Dolomit – aus. Zum reich strukturierten Götzner Spirkenhochmoor im Götzner Moos © Bianca Burtscher 30 s’Blättle KW31 Donnerstag 5. August 2021 Moos gehören auch ein offenes Hochmoor, Flachmoore, Feuchtwiesen unterschiedlicher Ausprägung, Grauerlen-Hangwälder und Waldbereiche. Hochmoore erhalten nur über die Luft und den Regen Nährstoffe, weshalb sie auch Regenmoore genannt werden. Denn Hochmoore stehen im Gegensatz zu Flachmooren nicht (mehr) im Kontakt zum Grundwasser, sie sind aus diesem herausgewachsen. Verantwortlich dafür sind unscheinbare Moose. Die zarten Baumeister der Moore haben erstaunliche Eigenschaften. Torfmoose sterben unten ab und wachsen oben weiter, sie sind also tot und lebendig. Torfmoose binden Nährstoffe sehr effektiv an ihren Zellwänden und säuern ihre Umgebung an. Hochmoore sind deshalb fast so sauer wie Essig. Torfmoose können wie ein Schwamm Wasser speichern. Manche sogar mehr als das 25-fache ihres Trockengewichtes! Der Blick durch das Mikroskop verrät den Trick. Zwischen sehr schmalen, lebenden Zellen haben Torfmoose viele große, abgestorbene Zellen, die mit Spiralfasern verstärkt sind. Durch Poren kann Wasser in sie eindringen und wie in Wassertanks gespeichert werden. Durch diese Fähigkeiten können Moore große Mengen an Wasser speichern und das Wasser langsam wieder an die Umgebung abgeben, wodurch sie Hochwasserspitzen abmildern können. In Zeiten des Klimawandels und der Zunahme von Starkregenereignissen ist diese Ökosystemdienstleistung von Mooren wichtiger denn je. Richten wir den Blick aber wieder auf die Torfmoose. Durch sie entsteht das typische Hochmoor-Milieu. Es ist feucht und sauer. Ähnlich wie in einem Essiggurkenglas ist alles gut konserviert. Abgestorbene Pflanzenteile werden deshalb nur teilweise zersetzt und lagern sich Schicht um Schicht als Torf ab. Rund einen Millimeter pro Jahr wächst die Torfschicht. Für einen Meter Torf braucht es somit ein Jahrtausend! Im Götzner Moos beträgt die Torfmächtigkeit in den Kernbereichen zwischen 1,2 Meter und 2 Meter. Nur wenige Pflanzenarten kommen mit den extremen Bedingungen in Hochmooren zurecht. Hoch-moorpflanzen brauchen auch spezielle Fähigkeiten, um nicht zu verhungern. Auf tierische Nahrung hat sich der Rundblättrige Sonnentau spezialisiert. Diese fleischfressende Pflanze lockt mit ihren glitzernden Tropfen Insekten an. Die Tropfen sind so klebrig, dass es für kleine Insekten kein Entrinnen gibt. Sie werden langsam aufgelöst und „verzehrt“. Manche Ameisen haben aber schon gelernt, dass es beim Sonnentau etwas zu holen gibt – und klauen ihm seine Beute von den Blättern herunter. Kleinwüchsigkeit und Symbiose mit einem Pilz sind das Geheimrezept von Zwergsträuchern wie Moosbeere und Rosmarinheide. Der Pilz sammelt über sein weit verzweigtes Pilzgeflecht Nährstoffe aus dem kargen Moorboden und versorgt den Zwergstrauch damit. Dieser liefert dem Pilz im Gegenzug Zucker, den er durch Photosynthese selbst bilden kann. Moore sind in doppelter Weise für den Klimaschutz wichtig. Intakte Moore können klimaschädliches CO 2 binden, indem sie es als Torf speichern. Werden sie aber entwässert, dringt Sauerstoff in den Torf ein. Die Zersetzung beginnt und das über Jahrhunderte gespeicherte CO 2 gelangt in die Atmo-

Torfmoose, Baumeister der Moore © Georg Amann sphäre und heizt den Klimawandel an. Entwässerte Moore werden so von CO 2 -Speichern zu CO 2 -Schleudern. Auch das Götzner Moos war durch alte Entwässerungsgräben ausgetrocknet. Fichten und andere standortfremde Gehölze konnten sich dadurch etablieren und die typische lichtliebende Moorvegetation drohte zu verschwinden. Deshalb entfernten der Naturschutzbund, die e5-Markgemeinde Götzis und die Agrargemeinschaft Götzis 2013 im Interreg-Projekt „Nachhaltiges Moormanagement“ die standortfremden Gehölze und bauten Stauwehre in die Entwässerungsgräben ein, um den mooreigenen Wasserhaushalt wiederherzustellen, die Torfmineralisierung zu stoppen und das Moor mit seiner Tier- und Pflanzenwelt langfristig zu erhalten. Einbau der Stauwehre © Anne Puchta Mikroskopaufnahme eines Torfmooses © Christian Schröck Wandertipp für die ganze Familie Rundblättriger Sonnentau – eine fleisch - fressende Pflanze des Götzner Mooses © Bianca Burtscher Am einfachsten ist das Götzner Moos vom Sportplatz Fraxern aus über einen leicht bergauf führenden Wanderweg zu erreichen. Unter der Woche kann man den Landbus 62 bis zur Haltestelle Fraxern Morgengabe nehmen und der Straße bergauf bis zum Sportplatz folgen. Am Wochenende fährt der Rufbus (0676/70 999 70) sogar bis zum Sportplatz Fraxern. Eine andere Möglichkeit ist es, den Meschachbus (Ortsbus 6) bis zur Haltestelle Millrütte zu nehmen und von dort dem Bergwanderweg Richtung Götzner Moos zu folgen. Ihre persönliche Busverbindung – sogar von Adresse zu Adresse – finden Sie auf www.vmobil.at. Am Rand des Götzner Mooses lädt eine Grillstelle und Sitzgelegenheiten zu einer Pause ein. Nachdem man sich gestärkt hat, kann man sich die Infotafeln in den „Moorbänkle“ mit vielen weiteren spannenden Fakten zum Götzner Moos und seiner Flora und Fauna ansehen. Nehmen Sie doch eine (Becher-) Lupe und Bestimmungsliteratur auf die Wanderung mit! Moosbeere – Zwergstrauch mit zarten Blüten © Bianca Burtscher ALLGEMEIN HOHENEMS GÖTZIS ALTACH KOBLACH MÄDER s’Blättle KW31 Donnerstag 5. August 2021 31

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